Der Stausee Ottenstein ist der oberste der drei Kampstauseen im niederösterreichischen Waldviertel und ein beliebtes Freizeit- und Ausflugsziel. Weiter flussabwärts liegen der Stausee Dobra und der Thurnberger Stausee. Das System Ottensteiner See-Dobra ist einer der größten Energiespeicher-Seen in Europa. Durch den zunehmenden Anteil regenerativer Energieressourcen werden größere Energiespeicher notwendig.
Energiespeicherwerke wie der Ottensteiner See pumpen in Zeiten von Energieüberschüssen 30 m³/s Wasser 60 Meter hoch (hier von dem Dorba Stausee in den Ottensteiner See) und lassen in Zeiten von Energiemangel bis zu 100 m³/s Wasser über die Turbinen abfließen. Die dabei eingespeiste Energie beträgt etwa 12.000 kW.
Aufgrund veränderter Netzbedingungen werden viele Speicherkraftwerke, wie auch das am Ottensteiner Stausee, erweitert. Hier soll die Pumpleistung auf 54 m³/s erhöht werden. Unter limnologischen Gesichtspunkten stellt der aktuelle und zukünftige Betrieb eine erhebliche Belastung dar. Durch die vertikale Vermischung und die damit einhergehende Instabilität der natürlichen Schichtung kann es im Gewässer zu einem vertikalen Nährstofftransport kommen. Dadurch kann die euphotische Zone erreicht werden, was das Algenwachstum im Gewässer begünstigt. Ein weiterer Effekt der Nutzung des Ottensteiner Sees als Pumpspeicherkraftwerk ist die Erwärmung des Hypolimnions. Das aus der Dobra gepumpte Wasser ist wärmer und verändert das Temperaturprofil des Sees. Dies beschleunigt biologische Prozesse und führt zu einer erhöhten Sauerstoffzehrung.
Ein zusätzliches Problem ergibt sich durch die klimabedingte Erwärmung des Gesamtsystems. Bereits heute sind beide Systeme stark sauerstofflimitiert. Es wird angenommen, dass nach der saisonalen Mixis (Destratifikation) großflächiges Fischsterben auftreten könnte, sofern dem Gewässer kein zusätzlicher Sauerstoff zugeführt wird.
Diese Studie modelliert die Prozesse von Stofftransport und -zehrung und zielt darauf ab, ein effizientes Belüftungskonzept zu entwickeln. Eine zusätzliche thermische Belastung des Systems soll dabei möglichst vermieden werden, und ein zielgerichteter und effizienter Sauerstoffeintrag in beide Systeme (Dobra und Ottensteiner See) muss sichergestellt werden.
Im derzeitigen Zustand liegt der Sauerstoffgehalt im Hypolimnion im Hochsommer bei 0-2 mg O₂/l. Eine mittlere Konzentration von 3-4 mg O₂/l in den relevanten Hypolimnion-Bereichen sollte angestrebt werden.
Ziel ist es nicht, das gesamte Hypolimnion des Ottensteiner Sees zu belüften, sondern sich auf die Bereiche vor der Staumauer zu konzentrieren. Dieses Gebiet sollte groß genug gewählt werden, um ausreichend sauerstoffreichere Rückzugsbereiche für Fische bereitzustellen und die Sauerstoffkonzentration nach der Mixis im aeroben Bereich zu halten.
Durch aufwändige Simulationsverfahren wurden durch die Polyplan Kreikenbaum Gruppe die zukünftigen Betriebszustände berechnet und die notwendigen Gegenmaßnahmen prognostiziert. Als wesentliche Kompensationsmaßnahme wurden Sauerstoffeintragsmaßnahmen (Tiefenwasserbelüftung) in verschiedenen Varianten untersucht. Die Tiefenwasserbelüftungsanlagen (TIBEAN) an den Talsperren Ottenstein und Dobra dienen der Verbesserung der Wasserqualität und der Stabilisierung des Sauerstoffhaushalts in den Seen. Durch die Zufuhr von Sauerstoff in tiefere Wasserschichten wird das Algenwachstum reduziert und der Nährstoffkreislauf optimiert. Diese Maßnahmen tragen wesentlich zur Vermeidung von Blaualgenblüten bei und fördern gleichzeitig den Erhalt des natürlichen Lebensraums für Fische.
Ein wesentlicher Bestandteil der Projektplanung ist der Modellierungsprozess, der darauf abzielt, die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Wasserqualität zu simulieren. Dabei werden verschiedene physikalische und chemische Parameter berücksichtigt, um die optimale Auslegung der TIBEAN-Belüftungsanlagen sicherzustellen. Mithilfe spezieller Simulationen und Modelle wird das Verhalten von Wasser und Sauerstoff im See nachgebildet. Die Modelle berücksichtigen die Einflüsse der Tiefenwasserbelüftung, den Sauerstoffeintrag und die Temperaturentwicklung. Die speziell entwickelte Software, wie das MIKE-Modell, wird eingesetzt, um den Wasserkreislauf in den Talsperren detailliert darzustellen.

Durch die Simulation verschiedener Szenarien wird nachvollziehbar, wie sich die Sauerstoffkonzentrationen und Temperaturen im See verändern, wenn die TIBEAN-Anlagen in Betrieb genommen werden. Dabei wird auch die Effizienz der Belüftung sowie ihre Auswirkungen auf den gesamten Wasserkörper analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass der Sauerstoffgehalt durch den Einsatz der Anlagen signifikant verbessert werden kann und das Risiko eines Fischsterbens durch eine optimierte Sauerstoffversorgung deutlich verringert wird.
Auf Grundlage der Modellierungsergebnisse wird die genaue Auslegung der TIBEAN-Anlagen festgelegt. Dies umfasst die Anzahl der Anlagen, die erforderliche Belüftungsdauer pro Tag und die optimale Tiefe, in der die Belüftung durchgeführt werden soll. Ziel ist es, eine maximale Sauerstoffversorgung im Hypolimnion sicherzustellen, ohne die natürliche Schichtung des Sees übermäßig zu stören.
Die geplanten Maßnahmen sehen den kontinuierlichen Betrieb der Anlagen vor, um die Sauerstoffanreicherung dauerhaft zu gewährleisten und den Wasserkreislauf stabil zu halten. Diese nachhaltige Strategie soll langfristig zu einer Verbesserung der ökologischen Bedingungen in den Seen führen.


